Was ist Digitalisierung? Teil 9
Im Teil 6 dieser Blog-Reihe habe ich ausführlicher über Künstliche Intelligenz und Big Data geschrieben. In den Teilen 3 und 4 ging es immer wieder um die Nutzung der gesammelten Informationen. Was hat das mit der Arbeitswelt zu tun?
Digitale Risiken am Arbeitsplatz
So wie wir im Internet tausendfach digitale Spuren hinterlassen, die von Unternehmen wie Google, Facebook oder Amazon ausgewertet werden, hinterlassen wir auch täglich unzählige digitale Spuren an unserem Arbeitsplatz.
Auswertung digitaler Spuren
Wer hat mit wem Kontakt? Wer trifft sich mit wem aus welchem Anlass? Wie schnell oder langsam beantwortet jemand welche E-Mails? Wer fragt wen um Rat und Unterstützung? Bei wem sind auffällige Änderungen der Verhaltensweise erkennbar? Und so weiter.
Alle diese digitalen Spuren lassen sich qualifiziert auswerten, wenn man es denn darf oder möchte. Auch wenn diese Daten nur anonymisiert zur Verfügung stehen, lässt sich unter Einbeziehung von soziologischen Kenntnissen und vorhandenen Personendaten eine Fülle detaillierter Erkenntnisse über die Beschäftigten ermitteln und auch namentlich zuordnen. Hin zum „gläsernen Mitarbeiter“. Das wäre ein mächtiges, fast perfektes Überwachungstool à la George Orwell.
Wenn ein Wettbewerber Zugriff auf solche Informationen hätte, wären diese vermutlich genauso wertvoll wie die Ergebnisse klassischer Werksspionage.
Wenn sich eine Firma Cambridge Analytica Zugang zu den Daten von zig Millionen Facebook-Usern verschaffen und daraus Erkenntnisse für den amerikanischen Wahlkampf gewinnen kann, dann ist Vergleichbares auch möglich mit unternehmensinternen Daten. Und die Datenströme und Informationsflüsse zeigen, was wirklich im Unternehmen läuft. Im Unterschied zu dem, was vielleicht laut Organigramm oder offizieller Aufgabenzuordnung laufen sollte.
Dort gehen sie intensiv der Fragestellung nach, welche digitalen Spuren am Arbeitsplatz heute schon erfasst werden und welche Erkenntnisse daraus gewonnen werden können/könnten. Nach europäischen Richtlinien und deutschem Recht ist in diesem Bereich zwar vieles nicht zulässig, aber die Möglichkeiten existieren.
So stellt Peter Wedde beispielsweise fest: „Anonym gespeicherte Erkenntnisse dürfen nur dann auf vorhandene personenbezogene Daten einzelner Beschäftigter rückbezogen werden, wenn dies für das Beschäftigungsverhältnis erforderlich ist.”
Das mag uns in Sicherheit wiegen.
Office 365 von Microsoft
Weitgehend unbekannt, aber äußerst besorgniserregend, sind die Möglichkeiten, die Microsoft heute zur Verfügung stehen. Deshalb nehmen die beiden Autoren der Studie auch vor allem deren Softwarepaket Office 365 unter die Lupe. Denn dort eingegebene und gespeicherte Informationen verlassen nicht nur das jeweilige Unternehmen, sondern auch Deutschland und Europa, hin zu Microsoft nach USA. Bestandteil von Office 365 ist u. a. ein sozialer Graph, der Strukturen, Beziehungen und Informationsflüsse im Unternehmen aufzeigt.
Hunderttausende Unternehmen weltweit setzen diese Software ein. Und so verfügt Microsoft über die wohl größte Datensammlung der Welt darüber, was in diesen Unternehmen wirklich läuft. Noch gibt es keine Hinweise, dass Microsoft diese Daten vermarkten möchte. Aber sie könnten es jederzeit und Interessenten dafür gäbe es genügend.
Fazit
Das, was wir millionenfach bei Facebook sehen und vielleicht beklagen, nämlich dass die User absichtlich und freiwillig fast ihr gesamtes Privatleben offen preisgeben, machen wir in verdeckter Form täglich, ungewollt und ohne es verhindern zu können, in unserer Arbeitswelt. Das mobile Arbeiten per Smartphone oder Tablet ist davon nicht ausgenommen. Auch wenn die Auswertung solcher Daten technisch etwas aufwändiger ist.
Was derzeit in unserer Arbeitswelt bezüglich Datenauswertung erlaubt ist, ist eine Sache. Tatsache ist andererseits, dass unsere unzähligen und vielfältigen digitalen Spuren existieren und genutzt bzw. missbraucht werden können.
Wie geht es weiter?
Nach inzwischen neun Beiträgen zu dieser Blog-Reihe, plane ich noch einen letzten Teil 10 zum Thema „Arbeitsmarkt“.
Ludger Grevenkamp
5. Juli 2018
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